Testbericht zum Bosch PSR 18 Li-2
Dieser Akkuschrauber ist der beste Beweis dafür, dass man werkzeugcheck.com eben doch braucht. Denn liest man die Rezensionen zum Bosch PSR 18 Li-2 in den gängigen Onlineshops, kommt man zum Schluss, dass sei der Akkuschrauber schlechthin. Aber ich bin da ganz anderer Meinung. Er schlägt sich zwar wirklich nicht schlecht, aber meine erste Wahl wäre er nicht. Und warum? Weil es für das Budget bessere Alternativen gibt – behaupte ich. Und nach dem Lesen dieses Testberichts könnt ihr mal schauen, ob ihr genauso denkt!
Mut zur Innovation: zahlt dieser sich aus?
Der Bosch PSR 18 Li-2 ist anders als andere Akkuschrauber. Inwiefern? Es geht dabei vor allem um das Steuerungskonzept. Er hat zwar genauso einen stufenlosen Drehzahlwahlhebel (“Gashebel”), wie die meisten anderen auch, aber dann hört es auch schon auf mit den Gemeinsamkeiten. Obwohl man im Datenblatt von einem Zwei-Gang-Getriebe liest, findet man auf der Oberseite nur einen einzigen Einstellregler, der sowohl für die Drehmomentbegrenzung zuständig ist – als auch für die Getriebewahl. Ob das Sinn macht und was die Folgen davon sind, erarbeiten wir weiter unten in unserem Praxistest. Die nächste Besonderheit liegt daran, dass das Drehmoment nicht wie üblich mechanisch – also mit einer Rutschkupplung – sondern elektrisch begrenzt wird. Auch dazu gleich mehr im Praxistest, aber erst mal schauen wir uns den Lieferumfang des großen, grünen Bosch Schraubers an.
Auf die Variante kommt es an für den Lieferumfang
Bevor ich den Lieferumfang groß anspreche, sollte ich wohl erwähnen, dass es zahlreiche Varianten gibt. Von der Wahl der Variante hängt offensichtlich auch ab, was man geliefert bekommt. Wir haben für den Test die Variante mit einem 2,0Ah-Akku bestellt und dafür insgesamt rund 140€ bezahlt (April 2015). Das Set kommt in einem grünen Koffer, der sich nicht wesentlich von den meisten einfachen Werkzeugkoffern unterscheidet. Sehr cool finde ich, dass ich den Akkuschrauber samt Akku auf die Ladeschale stellen kann. Ich muss den Akku dazu nicht abnehmen. Das ist mal eine nette Idee.
Viel Ausstattung – aber ein fragwürdiges Konzept
Der PSR ist ein 18V-Akkuschrauber und bietet dementsprechend ausreichend Leistung, wie unser Praxistest gleich noch zeigt (vor allem im Video). Oben hatte ich bereits angesprochen, dass es ein Zwei-Gang-Getriebe gibt, das aber nicht separat geschaltet werden kann. Was heißt das? Der einzige Regler hat zwei Abschnitte: Im ersten Abschnitte ist der Akkuschrauber immer im ersten Gang (geringere Drehzahl, höheres Drehmoment) und unterscheidet hier zwischen allen verschiedenen Drehmomentstufen. Nach der höchsten Drehmomentstufe, gibt es dann den zweiten Abschnitt: Die Bohrstufe. Allerdings finde ich den Namen unglücklich gewählt. Denn die Bohrstufe ist einfach der zweite Gang, also der Gang mit maximaler Drehzahl und geringerem Drehmoment. Fur das Bohren in Holz z. B. würde ich diese Stufe nicht wählen, das führt nur zu einem glühenden Bohrer und kaum Bohrfortschritt. Holzbohren findet also stattdessen in der höchsten Schraubstufe (erster Gang) statt. Wenn das jetzt verwirrend klang, wundert mich das gar nicht. Damit stehen wir jetzt schon so gut wie im Praxistest, also leite ich mal auf diesen über.
Der Praxistest: Vor allem vieeeel Leistung
Bosch wirbt in der Produktbeschreibung mit einem maximalen Drehmoment von 46Nm – zum Vergleich eine Auto-Radschraube wird mit etwa 110Nm angezogen. Das ist schon richtig viel und das sieht man in der Praxis auch. In unserem Schraubtest schauen wir, welche Schraubengröße der Akkuschrauber noch ungewohnt in Massivholz versenken kann. Die 10er-Schraube (10x80mm) konnte der Akkuschrauber noch recht problemlos schrauben, erst bei der 12er-Schraube (12x90mm) versagt er kurz vor Schluss. Derartig große Schrauben wird in der Praxis wohl kaum jemand (ohne Vorbohren wohlgemerkt) benutzen, dafür gibt es schließlich Schlagschrauber.
Das Drehmoment-Konzept
Oben hatte ich bereits erwähnt, dass das Drehmoment elektrisch begrenzt wird und nicht mechanisch über eine Rutschkupplung. In anderen Rezensionen liest man dies als großen Vorteil. Ich fand es im ersten Moment komplett ungewohnt, denn der Schrauber geht dann einfach aus. Vergleichbar mit einem Schrauber, der sein Leistungsmaximum überschritten hat. Daran gewöhnt man sich aber recht schnell und dann ist kein wirklicher Unterschied mehr festzustellen.
Das Getriebe-Konzept
Während ich mich mit dem Drehmomentkonzept anfreunden könnte, sehe ich noch ein großes Problem mit der Gangwahl. Da ich nur die Möglichkeit habe im ersten Gang (430 U/min) das Drehmoment zu begrenzen, fehlt mir eine Art Schnell-Schraub-Funktion. Den will ich den zweiten Gang (1430 U/min) benutzen, ist das Drehmoment nicht mehr begrenzt. Wenn ich – um mein Material zu schonen – aber die Drehmomentbegrenzung unbedingt brauche, muss ich auf Geschwindigkeit verzichten. Unser Video zeigt das sehr eindeutig, daher am besten einfach mal reinschauen.
Die kleineren Schrauben sind eher das Problem als die großen
Beim Praxistest ist aber dennoch etwas aufgefallen und zwar am anderen Ende des Spektrums: Wir beginnen den Schraubtest in der Regel mit einer 4er-Schraube. Dabei fiel mir auf, dass ich für diese Größe die kleinste Drehmomentstufe wählen musste. Was passiert also, wenn ich eine kleinere Schraube, wie z. B. eine kürzere 3er-Schraube, wähle? Nichts – im wahrsten Sinne des Wortes – denn es findet keine Drehmomentbegrenzung mehr statt. Ich kann die Schraube quasi unendlich weit ins Holz drehen. Das finde ich recht schade, denn ich denke einer 3er-Schraube begegnet man in der Praxis wohl deutlich häufiger als einer 10er-Schrauben. Hier sind meiner Meinung nach die Prioritäten leicht verschoben.
Kann es jemand besser?
Jetzt habe ich – wenn auch auf hohem Niveau – ziemlich gejammert. Der Akkuschrauber ist grundsätzlich nicht verkehrt, aber diese Details würden mich als etwas erfahreneren Anwender wirklich stören. Vor allem, wenn ich den Preis bedenke. Für nahezu gleiches Geld, bekomme ich den hausinternen Konkurrenten aus der Bosch Professional Serie, den Bosch GSR 18-2-Li. Dieser liegt nochmal eine Nummer besser in der Hand, hat eine perfekt abgestimmte “klassische” Drehmomentsteuerung und ein geniales Ökosystem. Außerdem kommt er in der L-BOXX, dem genialen stapelbaren Box-System von Sortimo und kostet kaum mehr. Je nach Variante würde ich sogar sagen, er kostet überhaupt nicht mehr. Zum Zeitpunkt meines Tests (Ende April 2015) müsste ich für die Solo-Geräte 81€ (PSR) bzw. 84€ (GSR) zahlen – also lediglich 3€ Unterschied, da sollte man nicht lange überlegen.
Und noch eine ganz andere Alternative wäre ein weitere Konkurrent aus dem eigenen Haus. Ebenfalls aus der Pro-Serie (blau), aber “nur” mit 10,8V begeisterte uns der kleine Bosch GSR 10,8-2-Li. Ich bin da der Meinung lieber die kleinere Leistungsklasse, aber dafür aus der Profi-Serie, aber unter Umständen sind meine Anwendungszwecke da auch anders. Es kommt natürlich auch immer auf das Ökosystem an, worauf der nächste Abschnitt eingeht.
Zum Schluss noch etwas positives: Das Ökosystem
Obwohl das grüne 18V-System “nur” als Heimanwender-System gedacht ist, gibt es hier erstaunlich viele Geräte: Ob Hand-Kreissäge, Säbelsäge, Staubsauger, Schlagbohrer, diverse Gartengeräte – Auswahl gibt es genug. Somit sollte ich auch sagen, dass der PSR wohl vor allem dann die richtige Wahl ist, wenn man bereits Geräte aus dem grünen 18V-System hat. Das blaue 18V-System ist nämlich nicht kompatibel. Ja, der PSR 18 Li-2 hat ein paar Nachteile, aber einen ganzen Systemwechseln würden diese Wohl auch nicht rechtfertigen.
Vorteile
- sehr viel Kraft
- gutes Ökosystem
Nachteile
- Drehmomentbegrenzung erst ab 4er-Schraube, nicht bei kleineren Schrauben
- keine Möglichkeit, sowohl den "schnellen" Gang zu wählen, als auch die Drehmomentbegrenzung zu nutzen
- Preis-Leistungs-Verhältnis (für annähernd gleiches Geld gibt es die Profi-Variante GSR 18-2-Li von Bosch, die besser abschneidet)
Fazit: Nicht schlecht, aber es geht besser zum gleichen Preis
Ich habe es oben schon geschrieben und so lautet auch der Einleitungssatz zum Video-Fazit: Der einzige Grund, diesen Akkuschrauber zu kaufen, ist wenn man bereits grüne Bosch 18V-Akkus und Lader hat. Wenn nicht, bieten sich Alternativen. Denn der Bosch PSR 18 Li-2 hat eine Drehmomentbegrenzung, die sich für kleine Schrauben nicht eignet und für den zweiten Gang gibt es gleich gar keine Drehmomentbegrenzung mehr. Das betrifft also vor allem die feinen Arbeiten, wer ohnehin nur mit großen Schrauben unterwegs ist, darf meine Kritik hier auch getrost ignorieren. Die offensichtlichste Alternative wäre der blaue Profi-Bruder Bosch GSR 18-2-Li, aber unsere Alternativenliste weiter unten zeigt noch mehr und im Video gibt es auch noch einen spannenden Tipp. Also: Kein schlechter Akkuschrauber, aber ich würde ihn für dieses Budget nicht wählen. Trotzdem kann man mit dem PSR glücklich werden.
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